Geschichte
Als originäre Hermsdorfer "Pflanze" steht der wuchtige Turm seit alters her auf Frohnauer Gebiet. Seine Entstehungszeit in den Jahren 1908 bis 1909 liegt ganze zwei Jahre vor der Anlage des Städtischen Friedhofs, der sich heute auf mehr als 80 ha erstreckt. Der Maler Max Beckmann war in dieser Zeit mit seiner Staffelei vor Ort und hielt die Entstehung des Turms in zwei Gemälden fest.
Seinen Platz fand der Turm, gebaut nach den Entwürfen des Bremer Architekten Carl Francke, auf einer natürlichen Anhöhe, um von hier aus die Reinickendorfer Ortsteile Hermsdorf, Frohnau, Waidmannslust und Lübars mit dem erforderlichen kühlen Nass zu versorgen. Der Bau ist 24,95 Meter hoch und hat in seinem oberen, äußerlich abgesetzten Teil einen zylindrischen Stahlbehälter mit einer maximalen Füllmenge von 500.000 Liter. Er blieb nur 20 Jahre in Betrieb, denn die expandierenden Reinickendorfer Vororte waren von 1929 an in das öffentliche Wassernetz integriert. Bereits 1939 gab es Bestrebungen, das vom Einsturz bedrohte Bauwerk abzureißen. Die nationalsozialistischen Machthaber entschieden sich allerdings anders. Den Erhalt verdankt der Turm damals seiner Nutzung als Beobachtungsposten für Polizei und Luftwaffe während des Zweiten Weltkrieges, wovon bis heute die im unteren Bereich zugemauerten Fenster zeugen.
Dämmerschlaf
Nach dem zweiten Weltkrieg fiel der Hermsdorfer Wasserturm, mit dem sich in seiner massigen Architektur vor allem der Gedanke an Befestigungs- oder Burgtürme verbindet, in einen jahrzehntelangen Dämmerschlaf. Es dauerte bis 1977, als sich das Reinickendorfer Bezirksamt erstmals darum bemühte, den Turm einer neuen Nutzung zuzuführen. Da man selbst kein Geld in die Instandsetzung investieren mochte, sollten Interessenten mit einem Erbpacht-Vertrag geworben werden. Ihre anfängliche Zahl von 44 reduzierte sich sehr schnell auf vier Bewerber, darunter auch das Institut für Ausbau und Innenraumplanung der Technischen Universität Berlin, dessen Konzept einer gemeinnützigen Verwendung von Seiten des Bezirks favorisiert wurde.
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Zuletzt blieb im Dezember 1978 nur noch der Berliner Maler und Siebdruck-Grafiker Janek Sylla als potentieller Turmherr übrig. Die geschätzten Umbaukosten von etwa 613.550 Euro schreckten ihn nicht. Dafür hatte ihm der Architekt Hinrich Baller ein Raumprogramm erstellt, das zwei Atelier-Maisonette-Wohnungen über einem Ausstellungsraum vorsah.
Umbaupläne
Den Wasserbehälter, der in der Mitte über eine durchlaufende Wendeltreppe verfügt, wollte Baller zu einem Swimmingpool umfunktionieren und auf dem Dach des Turms eine Sonnenplattform einrichten. In Absprache mit dem Landeskonservator war das äußere Erscheinungsbild weitestgehend zu erhalten. Da es sich bei dem Turm aufgrund der Bauordnung um ein Hochhaus handelt, waren besondere Sicherheitsanforderungen für den Umbau zu beachten. Größere Bauteile plante Baller mit einem Kran in den Turm-"Schacht" einzulassen. Als die Zustimmung des Finanzsenators zu dem Projekt ausblieb, platzte das Vorhaben. Es wurde der Verdacht gehegt, Sylla könnte den Turm für gewerbliche Zwecke nutzen, wofür dann der gewünschte "symbolische Pachtpfennig" nicht angemessen wäre. Mit der versagten Genehmigung wurde der Turm wieder in jahrzehntelangen Leerstand zurückversetzt.
Neue Nutzung
Im Jahr 1999 nahmen sich dann schließlich die Mobilfunkanbieter Mannesmann und E-Plus des Wasserturmes an, um entlang des oberen Zinnenkranzes Sendeantennen anzubringen. Für diesen Zweck wurden das Dach sowie die innere Holztreppe abgerissen und im Originalzustand wieder aufgebaut. Der durch das Wasserbecken führende Treppenzylinder wurde ebenfalls abgebaut und durch eine neue Konstruktion ersetzt, wofür die untere Öffnung im Wasserbecken vergrößert und ein neuer Dachausstieg angebracht wurde. Um das Mauerwerk der Dachzinnen vor weiteren Feuchtigkeitsschäden zu schützen, deckte man es mit Zinkblechen ab, was das Gesamtbild des Turmes sichtbar veränderte.
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